Matthew Perry: Friends, Lovers and the Big Terrible ThingAls ich dieses Buch Anfang 2023 las, ahnte ich noch nicht, dass der Autor zu den prominenten Toten dieses Jahres zählen würde. Berühmt wurde Matthew Perry weltweit durch die Fernsehserie »Friends« und drehte danach einige erfolgreiche Kinokomödien und weitere Serien, die aber nie an den Erfolg von »Friends« heranreichten.

Fasziniert hat mich an dieser Biografie an erster Stelle, was ein menschlicher Körper zu ertragen imstande ist. Die Aufzählung dessen, was Perry an täglichen Überdosen zu sich genommen hat, könnte aus dem Inventurbericht einer Apotheke stammen. An zweiter Stelle besticht das Buch natürlich durch einen sympathischen Plauderton und eine Selbstironie, die die Tragik des Geschilderten erträglich machen.

Es war Tag Sieben der Schmerzen. Und mit Schmerzen meine ich keinen verstauchten Zeh oder »Keine halben Sachen 2 – Jetzt erst recht«. Ich betone Schmerzen, weil es die schlimmsten Schmerzen waren, die ich jemals hatte – sie waren Platons Idee von Schmerzen, das Paradebeispiel. Manche Menschen behaupten, die schlimmsten Schmerzen verursache eine Geburt. Tja, ich hatte die schlimmstmöglichen Schmerzen, aber ohne hinter ein Neugeborenes in den Armen zu halten.

Und es war nicht nur Tag Sieben der Schmerzen, sondern auch Tag Zehn ohne Bewegung. Wenn Sie verstehen, was ich meine. Seit zehn Tagen war ich verstopft – jetzt verstehen Sie es.

Promi-Klatsch findet man in dieser Autobiografie wenig und Perry spricht von den meisten Prominenten mit großer Zuneigung. Es gibt auch keine überraschenden Enthüllungen, mit denen Autobiografien bei Erscheinen gerne gepuscht werden. Das alles ist hier nicht nötig. Der alltägliche Kampf des Autors gegen die Sucht ist hochspannend und man drückt ihm die Daumen, weil man bei der Lektüre viel Sympathie für ihn entwickelt. Überhaupt scheinen die Grenzen zwischen Matthew Perry und seinem »Friends«-Charakter Chandler Bing eher fließend gewesen zu sein.

Das Buch endet optimistisch, und offenbar führte Perry in seinen letzten Monaten ein relativ gesundes Leben. Sein Tod wurde offenbar durch eine versehentliche Medikamentenüberdosis verschuldet, durch die er in seinem Whirlpool ertrank. Der allgegenwärtige Medikamentenmissbrauch wurde in den USA auch schon anderen Prominenten zum Verhängnis, darunter Prince, Tom Petty und Coolio. Von den vielen Millionen unbekannten Opfern ganz zu schweigen. In diesem Fall fühlt es sich besonders tragisch an, weil man durch dieses Buch erfährt, was Perry bis dahin schon alles durchgestanden hatte. R.I.P.

Matthew Perry: Friends, Lovers and the Big Terrible Thing
Deutsch von Nina Restemeier, Wiebke Pilz & Thomas Gilbert
Lübbe 2022 | 302 Seiten | Jetzt bestellen